PATRIZISCHES HAUS NR. 127
4. 6. 2021
Das Haus mit der Nummer 127 ist eines der bedeutendsten Patrizierhäuser in Joachimsthal und sein Bau stammt aus der Zeit des größten Aufschwungs der Stadt in den 1630-50er Jahren. Die Bedeutung seines Erbauers lässt sich schon an der Lage des Gebäudes ablesen, denn es steht gegenüber dem Rathaus und in der Nähe der Dekanatskirche St. Joachim. Nach dem Stadtbrand wurde das Gebäude grundlegend rekonstruiert, z.B. wurde die Dachkonstruktion komplett verändert, wovon die Aufmauerung des Giebels zeugt. Der heutige Dachstuhl ist mit einem Giebeldach versehen. Trotz der Umbauten sind die Gotik-Renaissance-Firstgewölbe im Erdgeschoss und sogar einige Elemente des Arts and Crafts, wie z. B. die Türbeschläge, erhalten geblieben. Auch der Renaissance-Kern mit seinen historischen Strukturen ist erhalten geblieben. Der erhaltene Keller des Hauses ist sehr wertvoll. Ursprünglich war es direkt von der Straße aus zugänglich, aber dieses Bauelement wurde während der Besetzung der Tschechoslowakei durch Deutschland entfernt, als es einen Teil der örtlichen SS-Dienststelle beherbergte.
Das Erscheinungsbild des Hauses wurde in den 1970er Jahren verschlechtert, als die Neorenaissance-Fassade entfernt und durch Birkenolithputz und Keramikfliesen im Erdgeschoss ersetzt wurde. Angesichts der überlebenden Pläne von Franz Rehn ist dies jedoch ein reversibler Eingriff. Es ist daher möglich, das Gebäude in seinem historischen Erscheinungsbild wiederherzustellen.
Ursprünglich ein Patrizierhaus, wurde es später zur Unterbringung von Kurgästen genutzt. Der wichtigste Gast in diesem Gebäude war Karl May. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zogen das Dekanat und das Pfarramt aus dem ursprünglichen Dekanat hierher um.
Beschreibung
Das zweigeschossige Gebäude ist mit der Traufseite des Satteldaches zur Straße hin ausgerichtet. Die Fassade wird durch acht Fensterjoche gebildet. Im Erdgeschoss ist die linke Achse der ursprüngliche Durchgang, der zu einer Garage umgebaut wurde, und die rechte Achse ist der Eingang. Die Fassade ist modern mit Keramikfliesen im Erdgeschoss.
Kompositorisch handelt es sich um ein tiefes vierjochiges Gebäude mit einem querliegenden zweijochigen.
Keller
Die Kellerräume des Hauses sind nicht nur örtlich einzigartig. Der Hauptraum befindet sich im linken Teil des Kellers und besteht aus einer großen Halle, die auf einer zentralen Säule gewölbt ist - dem sogenannten Mönch. Im rechten Teil befinden sich dann kleinere Räume und in der Mittelachse befindet sich der ursprüngliche, jetzt zugemauerte, Treppeneingang, der direkt von der Straße führt. Es ist gewölbt mit einem Firstgewölbe. Historisch besonders wertvoll ist der rechte Teil des Kellers, in dem wahrscheinlich eine Art Produktionstätigkeit stattfand. Hier sind ein Ofen und eine Heizungsanlage erhalten geblieben. In den Wänden sind noch die Rillen und Taschen von Regalen und Theken zu sehen.
In den 1990er Jahren wurde ein Teil des Kellers durch den Bau von Trennwänden und das Zumauern von Lüftungsöffnungen im Rahmen von Strahlenschutzmaßnahmen unzugänglich gemacht. Aufgrund des praktisch sofortigen Wasseranstiegs mussten die Einbauten jedoch entfernt werden. Die gesamten Keller sind analog zu den Kellern des Rathauses oder den Gewölben im Erdgeschoss des Hauses Nr. 146 (dem Haus des Bergmanns Hans Bock von 1555) verwandt.
Dank der spontanen Zerstörung einer der Wände wurde der jetzt überflutete Stollen unter dem Niveau des Kellerbodens freigelegt (interessanterweise ist der Wasserstand im Stollen etwa 1 Meter niedriger als das Niveau des Baches, der einige Meter vom Gebäude entfernt durch den Untergrund von Joachimsthal fließt). Der Keller ist wahrscheinlich auch der Ausgang eines Entwässerungstunnels aus dem heute unzugänglichen Untergrund der St.-Jáchym-Kirche.
Das Hinterhaus
Die Hinterhäuser sind ein spezifisches Gebäude für Joachimsthal. Während das vordere Haus als Repräsentations- und Wohnhaus diente, war das hintere Haus ein Nebengebäude. Die hintere Grube hatte auch einen wesentlichen Einfluss auf die Stabilisierung des Geländes, da sie den Hang hinter dem Haus tatsächlich stützte. Bei diesem Haus ist jedoch nur der Torso, wie das Treppenhaus oder kleine Teile des Mauerwerks, die noch ihre tragende Funktion erfüllen, vom Hinterhaus erhalten. So gibt es derzeit nur moderne hölzerne Nebengebäude im Hinterhof.